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Abruzzo, Azienda Agricola Edoardo Valentini


Ich hatte etwas gemischte Gefühle, als ich Edoardo Valentini das erste Mal anrief. Seine Weine werden nicht nur in der Fachpresse seit Jahren in den Himmel gehoben. Auch in der italienischen Tagespresse erscheinen da und dort Artikel über den „re del Montepulciano d’Abruzzo“. Er sei arrogant, kratzbürstig, würde Gäste kaum empfangen und den Wein produziere er eigentlich eher für sich selbst, und verkaufen tue er ihn schon gar nicht gerne. Mit Valentini Handelsbeziehungen anzufangen sei eine Glückssache.


Nun, die Begegnung mit dem grossen alten Mann des abruzzischen Weinbaus war dann äusserst sympathisch, unterhaltsam und interessant. Ein hochgebildeter etwa siebzigjähriger Herr empfing mich zuerst etwas widerspenstig in der Bibliothek seiner antiken Villa hoch oben im reizenden Städtchen Loreto Aprutino. Edoardo Valentini, selbst studierter Jurist, Sohn eines bekannten italienischen Strafrechtsprofessors aus Rom, ist landwirtschaftlicher Unternehmer, wie er sich gerne nennt. Weil ihm die Juristerei schon bald zu trocken und eng wurde, übernahm er die Leitung des seit 1560 im Familiensitz sich befindenden 400 Hektar grossen Landgutes. Auf etwa 50 ha werden Trauben produziert, von denen Valentini nur gerade die allerbesten für seine Weine behält, den Rest verkauft er. Valentini ist ein Unangepasster, von Weingrossanlässen wie Vinitaly oder Bordeaux hält er gar nichts, zu den Prämierungen die seine Weine allenthalben auszeichnen erscheint er selten oder gar nicht, er macht sich nicht viel draus, die „tre bicchieri“ die er im Gambero rosso zuhauf gesammelt hat, lassen ihn kalt. „Weinjournalisten verstehen vom Wein nur selten etwas“ sagt er etwas herablassend über die ihm wenig geheure Berufsgattung, und vom besten Wein zu sprechen sei Unsinn, das bedeute ja, dass er nicht mehr besser werden könne, und er versuche jedes Jahr einen noch besseren Wein zu keltern. Wie der Mann, so seine Weine, die seine Charakterhandschrift unmissverständlich tragen.


Nichts von Edelstahltanks die heute in jedem Weingut zu finden sind und zur Vinifizierung dienen, nichts vom heute so modischen Barriqueausbau. Valentini hält gar nichts davon und baut den Wein weiterhin in uralten, peinlich sauber gehaltenen 3’000 lt Fässern aus. So lange der Nonkonformist im Betrieb das Sagen hat wird sich dabei auch nichts ändern. Das darf man ihm glauben. Als ich nach einem gemütlichen Mittagsimbiss ins Städtchen runterfuhr, wollte ich in der Bar dann doch noch einige Informationen über diesen faszinierenden Menschen in Erfahrung bringen. Ob denn seine Weine in der Oenothek auch verkauft würden, wollte ich wissen: „Nein, die werden im Weissen Haus in Washington getrunken und in Rom zu Staatsempfängen gereicht, sie sind fast nicht käuflich.“ So der Volksmund.


Nun, ein kleines Kontingent hat er mir zugestanden. Der Montepulciano d’Abruzzo ist einer der körperreichsten Weine, den ich je getrunken habe, ausgezeichnetes Jahr, sehr lange Haltbarkeit. Der Montepulciano d’Abruzzo Cerasuolo der stoffigste Rosato den ich kenne. Der Trebbiano d’Abruzzo ist in seiner Jugend gänzlich unnahbar, braucht sehr lange Lagerung (20 und mehr Jahre). Alle Weine sind empfehlenswert nur für wirkliche Kenner.

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